Schreinerstücke für die Weltpolitik
Die Bad Reichenhaller Schreinerei Haas ist nationaler Spezialist in Sachen Holz
"Wir sind Schreiner, keine Künstler", sagt Johannes Haas bescheiden, der gemeinsam mit Bruder Friedrich die "Philipp Haas und Söhne GmbH" führt. Von einer Bau- und Möbelschreinerei hat sich der Betrieb im Laufe der vergangenen Jahre zu einer Möbelwerkstätte spezialisiert, der Fokus liegt auf Einzel- und Sonderanfertigungen. So darf man es als besonderen Coup bezeichnen, nicht nur das gesamte Schloss Elmau mit individuellen Anfertigungen aus Holz ausgestattet zu haben, sondern auch den G7-Gipfel samt Kanzlerinnen-Tisch. "So einen Auftrag bekommt man im Leben kein zweites Mal", sagt Haas, der sich sichtlich dankbar zeigt. Zurückzuführen ist das auch auf seinen starken Glauben: Jeden Morgen trifft er sich mit seinem Bruder zum Gebet. Zehn Minuten Besinnungszeit. "Das hat mir unser Vater schon so beigebracht", sagt der Unternehmer.
Johannes Haas am fertigen G7-Konferenztisch
Im Berchtesgadener Land hat sich das 30-Mann-Unternehmen mit Standorten in Bad Reichenhall und im österreichischen Unken etabliert, wobei mittlerweile vermehrt deutschlandweit gearbeitet wird. Ob Apple-Store, Dallmayr in München, 5-Sterne-Hotel Orania in Berlin, Bayerische Akademie der Künste oder das Europäisches Patentamt - regionale und produktionstechnische Grenzen gibt es für Geschäftsführer Johannes Haas schon lange keine mehr. Auch wenn man sich nicht als Künstler sieht sondern als Handwerker, "Kreativität und Individualität stehen bei uns an erster Stelle." Nach diesem Motto macht man sich bei Haas auch an die Arbeit. Der Schreinerberuf habe einen Wandel durchlaufen, weg vom klassischen Schreiner, hin zum kreativen Handwerker.
Sieben Geschwister hat Johannes Haas, vier davon sind Schreiner geworden. Auch Haas selbst hat die klassische Schreinerausbildung hinter sich, den Meister absolvierte er obendrein. Seitdem er im väterlichen Unternehmen ist, das 2008 an ihn und seinen Bruder übergeben wurde, sind im Betrieb 60 Lehrlinge ausgebildet worden. "Mein Vater hatte Vertrauen in seine Söhne, er ließ uns immer machen." Bruder Friedrich, mit dem er den Betrieb leitet, hat sich berufsbegleitend der Architektur und dem Design gewidmet. Die beiden beschäftigen mehrere Schreinermeister, zudem Innenarchitekten, die jene Individualanfertigungen, für die die Firma bekannt ist, planen, designen, fertigen und schließlich umsetzen.
"Mein Vater hat zu jeder Zeit viel Wert auf individuelle Produkte gelegt", sagt Johannes Haas, der mit der Meisterstele, einer besonderen Stehlampe, ein Produkt designt hat, das es in dieser Form bisweilen nicht gab. Seit rund drei Jahren wird die Meisterstele mit 0,4 Millimeter dünnem Holzfurnier, das auf dem Lampenschirm aufliegt, gefertigt. Trotz Furnier scheint das Licht hindurch. Waren es früher vor allem Schränke, Eckbänke oder Türen, sind es heutzutage meist Gesamtlösungen im Innen- und Außenbereich, die aus dem Betrieb kommen.
So war es etwa Schloss Elmau, das in holztechnischer Hinsicht komplett aus Haas-Hand stammt. Seit vielen Jahren sei man dort dauerpräsent, zu tun gebe es immer etwas. Und spätestens seit dem G7-Gipfel hat man sich national als Spezialist in Sachen Holz einen Namen gemacht. Für den Gipfel produzierte das Haas-Team nicht nur jenen Tisch, an dem Angela Merkel und Barack Obama saßen, sondern das gesamte Mobiliar. Die Bewerbungsmappe für den Auftrag ist eine in schwerem Leder gehüllte Präsentation jener Vorstellungen, an denen im Hause Haas gefeilt wurde. "Die Zusage war für uns der Ritterschlag", sagt Johannes Haas rückblickend. Alle Produkte entstanden in der hauseigenen Produktion in Bad Reichenhall und Unken, "das war viel Arbeit". Dass bei Haas nichts ohne die eigenen Mitarbeiter läuft, das macht der Chef immer wieder deutlich: "Was wären wir denn ohne sie?" Stolz ist man auf die zahlreichen Mitarbeiter, die mehr als 20 Jahre dem Unternehmen treu sind. "Ohne Kollegialität, Vertrauen, eigene Verantwortung und den Raum, sich zu entwickeln, geht gar nichts", sagt Haas, der jeden Sonntag in die Kirche geht, sich als gläubigen Christen bezeichnet. "Wir arbeiten wirklich hart, aber der Sonntag gehört der Familie."
Erst kürzlich hat man ein großes Projekt beendet, den Um- und Neubau am Predigtstuhl, von dem man einen hervorragenden Blick auf die gewaltige Berglandschaft des Berchtesgadener Landes genießt. Ein Kraftakt sei es gewesen, die hochwertigen Materialien auf den Berg zu transportieren, bei Wind und Wetter. "Es musste alles verpackt werden, so, als würden wir es in die USA verschicken", sagt Haas. Die Logistik sei heutzutage ein großes Thema, die Just-in-time-Produktion. "Total stressig, aber auch total schön", so Haas mit einem Augenzwinkern. Die Zeit am Predigtstuhl drängte, weil das 90. Jubiläum anstand. Der Ausbau des Predigtstuhls gilt als designtechnisch ausgezeichnete Umsetzung, nicht nur in Sachen Holz. Im Unternehmen soll es weitergehen, Arbeit gibt es für das Handwerk im Landkreis genug, sagt Haas. Die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern. Auch der Berufswunsch ist klar: Schreiner will man werden.