Aktiv werden anstatt über Fachkräftemangel klagen
Berufsschulleiter appelliert an Unternehmer - Ausbildung als Basis für Karriere
Berchtesgadener Land - Der Nachwuchs fehlt im Berchtesgadener Land quer durch alle Branchen. Oberstudiendirektor Hermann Kunkel, Schulleiter der Berufsschule Berchtesgadener Land, ist der Meinung, dass Betriebe dennoch viel tun können, um ihren Fachkräftemangel zu lindern.
Herr Kunkel, wie sieht aus Ihrer Sicht die Situation in den Ausbildungsbetrieben im Handwerk im BGL aus?
Hermann Kunkel: Die Nachfrage nach Auszubildenden ist bei den Ausbildungsbetrieben groß. Es gibt jedoch zwei Sichtweisen. Wir haben immer weniger geeignete Auszubildende, die die handwerklichen und rechnerischen Fähigkeiten mitbringen, diesem technologisch anspruchsvollen Beruf gerecht zu werden. Wir haben aber auch immer weniger Betriebe, die bereit sind auszubilden. Die Zahl der „Ein-Mann“- Betriebe hat zugenommen.
Welche Entwicklungsmöglichkeiten bietet eine Ausbildung generell?
Für mich bildet eine Berufsausbildung immer die Basis für den weiteren beruflichen Lebensweg. Mein Motto: Karriere von „unten nach oben mit allen Möglichkeiten“. Mit der Basis einer Ausbildung stehen alle Wege offen. Als Handwerksmeister der Weg in die Selbstständigkeit. Über ein Studium ebenfalls in die Selbstständigkeit oder als leitender Angestellter. Ich selbst bin über die Ausbildung Berufsschullehrer geworden.
Wie arbeitet die Berufsschule BGL mit Betrieben bezüglich zu besetzender Ausbildungsstellen zusammen?
Wir haben einen sehr engen Kontakt zu den Betrieben. Die Betriebe melden sich bei uns und wir versuchen unsere Schüler im Berufsgrundschuljahr, die noch keine Betriebe haben, weiter zu vermitteln. Wir ergreifen auch direkt die Initiative und fragen häufig gezielt nach. Hier ist es von Vorteil, dass wir alle Betriebe im Landkreis kennen und ein sehr gutes Verhältnis zueinander haben. Ich bin jedoch der Meinung, dass viele Betriebe noch aktiver werden müssen. Nicht jammern, tun! Ob Messen, Schulaktionen oder Patenschaften - oft sind es immer die gleichen Firmen, die mitmachen. Aber genau diese Betriebe haben am wenigsten Fachkräftemangel, weil sie sich bemühen Auszubildende zu bekommen, zu übernehmen und vor allem langfristig zu binden.
Was müssen Betriebe generell tun, um junge Leute für eine Berufsausbildung zu begeistern. Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Ihren Schülern?
Die Schüler wollen in erster Linie ein gutes Arbeitsklima mit fairen Bedingungen. Die Bezahlung spielt eine große Rolle – ist aber nicht das Wichtigste. Zudem wollen die Auszubildenden gute Arbeitsbedingungen in Bezug auf die Ausstattung der Maschinen und Räumlichkeiten.
Was gefällt den Schülern am Handwerksberuf, was nicht und wie können Betriebe punkten?
Den Schülern gefallen die Kreativität und die abwechslungsreiche Arbeit, die sie größtenteils erwartet. Doch sie sehen auch, welche Bedingungen bei Betrieben der Industrie herrschen. Da gibt es schon große Unterschiede. Kleine Betriebe können aber mit Kreativität und ihren Vorteilen gegenüber einem anonymeren Industriebetrieb mithalten. Wie ich schon sagte - der Verdienst alleine lockt den Nachwuchs nicht.
Welche Maßnahmen könnten dies sein?
Ganz unterschiedlich. Unterstützung bekommen Unternehmen durch die Veranstaltungen des Fachkräfteservices der Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice GmbH. Die Teilnahme kann ich nur empfehlen. Verantwortlich für das Thema ist bei der BGLW Julia Prechtl. Auch wir helfen mit unseren Erfahrungen gerne, wenn Betriebe wissen wollen, wie sie Schüler begeistern können.