Brot fürs Leben
Das Wort der „Brotkultur“ sollte man bei Familie Wolfgruber wörtlich nehmen: Die Bäckerei in Anger hat vor zwei Jahren 100-Jähriges gefeiert. Der Familienbetrieb, den Apollonia Wolfgruber gemeinsam mit Bruder Josef führt, gilt als Vorzeigebetrieb. Dafür wurden die Wolfgrubers im vergangenen Jahr mit dem Wirtschaftspreis des Berchtesgadener Landes in der Kategorie „Engagement“ ausgezeichnet – als Vorreiter auf ihrem Gebiet des Brotbackens.
Lange Tradition des Brotbackens
Apollonia Wolfgrubers Urgroßmutter Maria Hinterstoisser hatte im Jahr 1918 eine Bäckerei in Anger gekauft. Großmutter Maria Hofmann führte das Geschäft später weiter, übergab an die Tochter und deren Mann. In vierter Generation führen nun die Geschwister den bereits seit 1992 von der EU als Bio-Bäckerei anerkannten Traditionsbetrieb. Das Geschäft sollte all die Jahre hinweg in Familienhand bleiben.
Bio spielt bei den Wolfgrubers schon seit Mitte der 80er-Jahre eine gewichtige Rolle. „Unser Bio-Landbrot und die Vollkornbackwaren stellen wir seit 1984 her“, sagt die gelernte Verkäuferin und Bäckerin. In diesem Jahr kauften die Wolfgrubers damals auch ihre erste Mühle. Heutzutage lassen sie sich das Getreide und das Mehl zwar zuliefern – von Demeter-Bauern von Tengling bis nach Niederbayern. Demeter steht dabei für jenen deutschen Bio-Anbauverband, dessen Anforderungen über die der EG-Öko-Verordnung und des deutschen staatlichen Bio-Siegels hinausgehen. Apollonia Wolfgruber ist es wichtig zu sagen, dass man faire Preise zahle: „Die Demeter-Bauern haben gesagt, was sie brauchen, und das zahlen wir auch“, sagt die Bäckersfrau. Seit 22 Jahren ist der Angerer Betrieb ein Demeter-Vertragsbäcker und stolz auf seine Produkte, die nicht unbedingt teurer sind als bei einem konventionellen Bäcker. „Das Handwerk ist das gleiche, es geht um die Zutaten“, sagt sie. Natürlich ist etwa ein Essener Brot, das sie in der Bäckerei auch im Angebot führen, mit deutlich mehr Aufwand verbunden, weil das Getreide eine Zeit lang in speziellem Elisa-Wasser quillt und danach 36 Stunden aufkeimt.
Pioniere in Sachen Bio und Regionalität
Als Bio in der Gesellschaft noch kaum eine Rolle spielte, fingen die Wolfgrubers schon damit an. „Es gab Zeiten, da wurden wir schief angeschaut“, sagt die Geschäftsinhaberin. Mittlerweile ist jedes Produkt aus ihrem Haus Bio – und Bio aus dem Alltag sowieso nicht mehr wegzudenken. Die Nachfrage ist groß, die Bevölkerung umsichtiger bei dem, was in den Einkaufswagen kommt. Das, was einst eine Nische war, ist auf breiter Front etabliert. Vor allem der Regionalgedanke spielt bei den Wolfgrubers eine große Rolle. „Bei uns entsteht jedes Produkt im Betrieb, von der Brezn über das Plunderteilchen bis hin zum Croissant.“ Bedeutet: Teiglinge werden nicht zugekauft, wie es bei vielen konventionellen Bäckereien der Fall ist – vor allem aus Kostengründen. Fertigmischungen, die etwa in Kuchen zum Einsatz kommen, kommen bei Wolfgruber Brotkultur nicht auf den Back-(Tisch). Im Betrieb sind derzeit 28 Mitarbeiter beschäftigt, darunter drei Bäckermeister und zwei Konditorinnen, Aushilfskräfte und Teilzeitbeschäftigte. Die Bäckerei beliefert ausgewählte Gastronomen in der Region, die auf die Herkunft Wert legen, darüber hinaus Bio-Geschäfte. So manches Produkt aus dem reichhaltigen Portfolio wird auch versendet.
In einer Deklarationsliste, die über die Webseite der Bäckerei zu finden ist, können Kunden sehen, was in den Produkten steckt. Alle Zutaten sind aufgeschlüsselt. Transparenz ist für die Familie wichtig, und wird vom anspruchsvollen Kunden auch gefordert. Als sie 1993 den Betrieb mit Bruder Josef übernahm, war für Apollonia Wolfgruber von Beginn an klar, „dass wir so arbeiten wollen, wie wir heute arbeiten.“ Nahrungsmittel mit ausgesuchten Zutaten in höchster Qualität – nichts weniger als das ist der Anspruch, den die Wolsgrubers verfolgen. Und das zahlt sich aus: Für ihre gemeinsame Veranstaltung "Unser Laufener Landweizen - Vom Korn zum Brot in der Region" mit der Biosphärenregion Berchtesgadener Land und dem Biohof Lecker aus Anger wurde die Bäckerei Wolfgruber im Rahmen der Bio-Erlebnistage von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.