Wellness unter Corona-Auflagen
Seit Anfang Mai dürfen Kosmetikstudios in Bayern wieder Kundinnen empfangen, allerdings unter strengen Hygieneregelungen. Kann Erholung und Beautypflege so überhaupt Spaß machen? Und vor welchen Herausforderungen stehen die Anbieter? Ein Besuch im Freilassinger SPA von Nicole Kletzl.
Vor dem Betreten des SPAs muss der Mund-Nasen-Schutz aufgesetzt werden. Unmittelbar hinter der Eingangstür steht ein Tisch mit Desinfektionsspray, daneben ein Zettel mit Hygiene- und Verhaltensregeln sowie ein Erfassungsbogen, der von jedem Kunden ausgefüllt werden muss. Der dafür benutzte Kugelschreiber wird anschließend gereinigt. Nicole Kletzl trägt Maske, genauso wie alle ihre Mitarbeiterinnen. Zum Empfang begrüßt sie mit freundlichen Worten statt des üblichen Händedrucks.
Seit wann haben Sie wieder geöffnet?
Ich habe am 12. Mai wieder aufgesperrt. Aber ich kann derzeit nicht alle Behandlungen anbieten, auch weil vieles nicht eindeutig deklariert ist. Obwohl der Informationsfluss mittlerweile besser beziehungsweise einheitlich ist. Anfangs hatten Bund, Land, Kommunen, Handwerkskammer und Berufsgenossenschaft unterschiedliche Empfehlungen ausgesprochen.
Was hat sich für Sie und Ihre Kundinnen geändert?
Derzeit konzentrieren wir uns vor allem auf Fußpflege, Maniküreund Gesichtsbehandlungen. Dabei tragen ich und meine Mitarbeiterinnen FFP2-Masken, allerdings ohne Ausatemventil, um die Kunden zu schützen. Und das bei 30 Grad Raumtemperatur. Zusätzlich haben wir ein Visier auf und Handschuhe an.
Unsere Kunden müssen sich vor dem Betreten die Hände desinfizieren und den Sicherheitsbogen ausfüllen. Bei einer Gesichtsbehandlung muss selbständig das Gesicht gereinigt werden - am besten mit Einwegtüchern, die wir reichen - und eigenständig ein Häubchen aufgesetzt werden. Alles was vom Kunden angefasst wurde oder mit seiner Kleidung in Berührung kam, müssen wir desinfizieren und nach der Behandlung den Raum generell komplett reinigen und desinfizieren. Bei einer Kosmetikanwendung muss der Kunde keine Maske tragen, sonst schon, auch bei einer Rückenmassage, während er auf dem Bauch liegt.
Das bedeutet, der Aufwand ist erheblich?
Ja, sowohl personell als auch und finanziell. Hinzu kommt, dass viele Hygieneartikel schon jetzt bis Ende des Jahres gar nicht mehr lieferbar sind und alles vom Preis her immens gestiegen ist. Bei den Masken ist die Bestellanzahl sogar limitiert. Aber ich möchte trotzdem keinen Corona-Aufschlag erheben.
Wie kommen die Kunden damit klar?
Wir arbeiten in einem Bereich, in dem es um Berührung und Wellbeeing geht. Normalerweise reichen wir dem Kunden zur Begrüßung eine warme Kompresse, die entspannend wirkt oder wir bieten eine Tasse Tee an. Das alles ist jetzt nicht möglich. Aber ich bin zufrieden, dass wir endlich wieder offen haben dürfen. Und viele Kunden genießen trotz allem ihre kleine Auszeit. Wir versuchen ihnen den Aufenthalt bei uns so angenehm wie möglich zu machen.
Mit wie viel Belegung arbeiten Sie derzeit?
Unsere Auslastung liegt wegen den strengen Vorgaben bei rund der Hälfte. Nur so kann ich gewährleisten, dass sich keine Kunden im SPA begegnen und alle zeitintensiven Reinigungs- und Desinfektionsvorgänge leisten. Viele Behandlungen kann ich nicht anbieten. Unseren Paar-Raum mit eigenem Dampfbad können wir beispielsweise nicht belegen, weil das Duschen nicht erlaubt ist. Wir dürfen auch nicht zu zweit an einem Kunden arbeiten und so gleichzeitig zwei Behandlungen machen, das wünschen aber viele.
Welche Leistungen bieten Sie normalerweise noch an?
Sehr viel Anti-Aging, Permanent-Make up, Enthaarungen, Massagen sowie Körperpackungen und -peelings. Aber mit Maniküre und Pediküre alleine kann man auf Dauer so ein SPA nicht erhalten, es ist 300 Quadratmeter groß und ich beschäftige sechs Mitarbeiterinnen. Bereits am 18. März hatte ich postalisch die Soforthilfe beantragt, auch das Kurzarbeitergeld. Nach sechs Wochen erhielt ich eine Absage aufgrund eines Formfehlers. Der Onlineantrag wurde dann genehmigt, das Geld kam aber erst vor ein paar Tagen. Den Zwischenzeitraum musste ich mit Krediten überbrücken. Ich bin mit allem in Vorleistung gegangen.
Trotzdem haben Sie offen, rentiert sich das denn?
Der März ist eigentlich unser bester Monat, die Einnahmen fehlen uns und die holen wir auch nicht mehr rein. Aber wenn ab dem 15. Juni die Grenze wieder offen ist, wird es hoffentlich besser. Mehr als die Hälfte meiner Kunden kommen aus Österreich, die fehlen natürlich jetzt.
Ich befürchte allerdings, dass sich die Bestimmungen so schnell nicht ändern werden, wobei vieles auch vom Druck der Bevölkerung abhängt. Es ist ja auch so, dass wir in einem Bereich arbeiten, der von Haus aus hohe Hygienestandards erfüllt. Reinigen, Desinfizieren und Sterilisieren haben wir immer schon gemacht. Wenn ich wieder so arbeiten kann wie früher, wäre ich sehr glücklich.
Wie ist das Feedback der Kunden?
Die freuen sich sehr, dass sie wiederkommen dürfen. Viele geben sogar freiwillig einen Corona-Bonus. Diese Anerkennung tut mir und meinen Mitarbeiterinnen sehr gut.
Das Interview führte Kathrin Thoma-Bregar