Digital in die Zukunft
Bei Hörl Kunststofftechnik entstehen vollautomatisch bis zu sechs Millionen Kunststoffspritzgussteile am Tag
“Unser Erfolg ist nicht alles Zufall”, sagt Franz Praxenthaler, einer der beiden Geschäftsführer von Hörl Kunststofftechnik in Laufen. Das Unternehmen, das zur weltweit tätigen Rosenberger Gruppe gehört und in automatisierter Produktionsweise Kunststoffspritzguss vor allem für den Automobilmarkt herstellt, wächst seit Jahren kontinuierlich. Vor kurzem gab es dafür den erstmals ausgelobten “Wirtschaftspreis Berchtesgadener Land”. Für Geschäftsführer Praxenthaler hat dabei Weitblick einen besonderen Stellenwert. Nur so könne man sich als “weltweit größter Hersteller in einem Nischenmarkt” behaupten.
“Klick, klick, klick” macht es, und ein weiterer Schwung blauer Kleinstteile rutscht über eine Bahn in einer großen Mehrweg-Kunststoffbox. Dass Kunststoffspritzguss ein komplexer Prozess ist, zeigt sich bei einem Rundgang in besonderer Weise: An rund 100 vollautomatischen, vernetzten Maschinen entstehen präzise Klein- und Mikrospritzgussteile aus technischen Kunststoffen. Große Roboterarme schwingen durch die Halle, erledigen in Sekundenschnelle komplexe Anforderungen. Ob Volkswagen, BMW oder Porsche: „Unsere Teile werden von allen namhaften Automobilherstellern verwendet ”, sagt Praxenthaler. Auch Toyota oder Hyundai sind Kunde von ROSENBERGER . Vakuumturbinen für Roboterstaubsauger gehören zum Portfolio. Und selbst im Thermomix, jenem millionenfach verkauften, hochpreisigen Küchenallzweckgerät, steckt das Know-how und Teile aus Laufen. Bis zu sechs Millionen Spritzgussteile entstehen hier am Tag in der Fertigungsanlage an der B20, in mehreren großen Hallen.
Vollautomatisiert ist hier fast alles. Die Verheißung hin zur Digitalisierung ist in Laufen Realität geworden. Dafür hat man bei Hörl in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro in die Produktionshallen investiert, um Arbeitsschritte zu automatisieren. Und trotzdem sind es die Mitarbeiter, die für den Geschäftsführer den Erfolg ausmachen. 270 Arbeitnehmer sind derzeit beschäftigt, 45 davon Auszubildende. Das Unternehmen, das 1991 gegründet wurde, ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Um rund 20 Prozent pro Jahr. Praxenthaler vertraut dabei vor allem auf Fachkräfte - auf Kunststoffformgeber, Werkzeugmechaniker im Formenbau und Betriebselektroniker, die für die Produktion zuständig sind, Abläufe überwachen und dafür sorgen, dass der Betrieb reibungslos vonstatten geht. “Unsere Leute müssen mit den Maschinen intelligent umgehen können”, sagt er. Flache Hierarchien, Führungskräftetrainings und entgegengebrachte Wertschätzung, “unabhängig von der Stellung im Unternehmen”, sind in einem Firmenleitfaden notiert. Praxenthaler sagt, dass die Bindung der Mitarbeiter, die größtenteils aus einem Umkreis von 25 Kilometer stammen, oberste Priorität habe.
“Unser Wachstum ist in jedem Fall gewollt”, weiß der Geschäftsführer. Auch in einem schwierigen Umfeld, in dem die Automobilindustrie vor großen Herausforderungen steht und die Nachricht vom Abbau von Arbeitsplätzen bei Zulieferbetrieben an der Tagesordnung steht, möchte man bei Hörl gewappnet sein. Das allgemeine Umdenken, der eingeleitete Umschwung vom Kraftstoff- zum Elektrofahrzeug, ist für Praxenthaler Herausforderung und Chance zugleich.
Praxenthaler versteht das Unternehmen als Technologiepartner, “der vom ersten Schritt an berät, Werkzeuge entwickelt und konstruiert, die Fertigungsanlagen definiert und Produkte mit höchster Präzision herstellt”. Qualitätssicherung und -kontrolle haben deshalb einen hohen Stellenwert im Unternehmen: Stichproben werden in einem eigenen Computertomographen mittels Röntgenverfahren untersucht, Teile auf hundertstel Millimeter vermessen.
Auch der Werkzeugbau mit dutzenden Mitarbeitern findet hausintern in einer großen Halle statt: Die einzelnen Bauteile der Werkzeuge werden in einem digital durchgängigem Werkzeugbau hergestellt, später montiert. Sogenannte Multikavitäten-Werkzeuge, die die Produktion von bis zu 64 Spritzgussteilen in einem einzigen Maschinenzyklus ermöglichen, gehören zum Spezialgebiet des Laufener Unternehmens, das auch künftig Vorreiter im Kunststoffspritzguss bleiben möchte. “Wir planen in vielen Bereichen etliche Jahre voraus und passen uns der Entwicklung an”, sagt Franz Praxenthaler. Er ist guter Dinge, damit erfolgreich zu bleiben.