
Mit Drohnen einen Berufstraum erfüllt
Bad Reichenhall – Mit seinen selbst gebauten, zivilen Drohnen die er selbst programmiert, erfüllt sich Michael Giftthaler einen kleinen Traum. „Mein Antrieb war meine Neugier“, sagt er. Die von ihm entwickelte Technik wird künftig auch bei der Deutschen Bahn zum Einsatz kommen: zur Bestimmung von Baumhöhen entlang der Bahntrasse.
In seiner kleinen Werkstatt bastelt er auf einem überschaubaren Schreibtisch an den komplexen Fluggeräten, die Einzelteile liegen in mehreren Kartons, Schrauben und Werkzeug lagern in einem roten, mit kleinen Schubladen versehenen Behältnis in Griffweite. Der Bau einer Drohne ist vergleichbar mit einem Puzzle nach Anleitung. Das Know-How hat er sich selbst beigebracht, das Zusammenspiel der Bauteile, die technische Funktionsweise. Wie ein Tüftler sitzt Giftthaler an seinem Schreibtisch, lötet, schraubt, steckt zusammen. „Drohnen zu bauen ist nicht kompliziert, aber man muss trotzdem wissen wie", sagt Michael Giftthaler mit einem Lächeln.
Sicheren Job gegen Leidenschaft getauscht
Aus der Forstwirtschaft raus in die Softwareentwicklung: Dass Michael Giftthaler am Ende vom Angestelltenverhältnis in die Selbständigkeit wechseln würde, war bis vor ein paar Jahren nicht absehbar. Der Diplomingenieur (FH), der in Weihenstephan Forstwirtschaft studierte, dann wegen eines Berufsangebots als Forstingenieur in Freilassing in das Berchtesgadener Land zog, baut nun zivile Drohnen, „unbemannte Luftfahrtsysteme“, wie er es auch gerne nennt. „Ich wollte den Beweis antreten, dass man so etwas auch im Niedrigpreissegment herstellen kann“, sagt der gebürtige Vilsbiburger. Professionelle Drohnen können schon mal mehrere Tausend Euro kosten. „Zu teuer“, findet Giftthaler. Sein persönlicher Antrieb waren die Kosten. Früh begann er, sich für das Thema zu interessieren, wohl auch, weil er den Umgang mit zivilen Drohnen kannte. Er hatte selbst einige, die er in die Luft steigen ließ. Nicht immer blieben sie dort oben. Mehrfach fielen sie vom Himmel – ein kleiner Flugfehler reichte. Der Schaden war groß, das Geld knapp. Also beschäftigte er sich mit der Materie, mit dem Bau der flugfähigen Objekte, ebenso mit der Nutzung frei verfügbarer Software zu deren Programmierung. Giftthaler entschloss sich, in Salzburg ein zweites Studium zu beginnen, mittlerweile ist er „Master of Science“ für Geoinformatik, seine Abschlussarbeit beschäftigte sich mit dem Einsatz von Drohnen. Er durchforstete das Internet, studierte Baupläne, wollte mit möglichst einfachen Mitteln das bestmögliche Ergebnis erreichen. Der Weg in die Selbständigkeit lief neben seinem Job als Forstingenieur, als Betriebsleiter eines privaten Forstbetriebs, für den er vier Jahre lang arbeitete. „Das waren teils echt lange Tage, von 8 Uhr bis Mitternacht war keine Seltenheit", sagt Giftthaler rückblickend. Gründen sei zwar viel Arbeit, sagt er, „das hat aber viel Spaß gemacht." Er kontaktierte die IHK, erhielt von dort ein Vorgründer-Coaching, ließ sich auf seinem Weg in die Selbständigkeit unterstützen. Lars Holstein vom Wirtschaftsservice lud ihn zu den regelmäßig im Berchtesgadener Land stattfindenden Gründerrunden ein. Die Forstwirtschaft hängte er an den Nagel, widmete sich ab sofort den unbemannten Luftfahrtsystemen. Die Entwicklung nahm einige Zeit in Anspruch. Zugrunde legte er ganz bewusst eine frei zugängliche Softwaresprache. „Damit jeder nach seinen Wünschen Veränderungen umsetzen kann“, sagt er.
„Alles war Neuland, aber ich war zuversichtlich“
Mit viel Elan ging Michael Giftthaler an die Sache, nicht wissend, was ihn erwarten würde. „Natürlich war das alles Neuland für mich, aber ich war zuversichtlich", sagt er. Gemeinsam mit einem Modellbauer wagte er sich an den Bau des Flugobjektes, die Teile dafür hatte er sich über verschiedene Kanäle besorgt. Keine zwei Kilo wiegt das Endergebnis. „Es ist vielleicht größer als andere zivile Drohnen“, sagt Giftthaler, „am Design kann man sicherlich auch noch feilen.“ Aber das Wichtigste hat er erreicht. „Sie ist kostengünstig, die Teile austauschbar.“
Michael Giftthaler hat die zivile Drohne in Eigenregie programmiert, inklusive Kamerasystem. „Ich bin gerade dabei, einen Autopiloten zu entwickeln“, sagt er. Die Software ermöglicht ihm alle Freiheiten. Auch in Zukunft kann das System nach Belieben erweitert werden. Als Forstwissenschaftler hatte Giftthaler bereits Karten von Waldflächen digitalisiert, diese im Raum verortet. Und auch künftig hat er gewissermaßen mit Bäumen zu tun: „Es geht um die Bestimmung von Baumhöhen“, sagt der 31-Jährige, in dessen Masterarbeit Baumhöhen bereits eine Rolle spielten. Die Deutsche Bahn wurde auf ihn aufmerksam. „Bahngleise müssen sicher sein“, sagt Michael Giftthaler. Allerdings können Bäume eine Gefahr darstellen, vor allem, wenn sie umzustürzen drohen. Um dies abschätzen zu können, muss die Höhe bestimmt werden. Das kann auf konventionelle Weise mit einem Höhenmesser geschehen – oder eben mit Hilfe einer zivilen Drohne. Giftthaler schrieb Algorithmen, die es dem unbemannten Flugobjekt erlauben, Baumhöhen mit einer maximalen Abweichung von 50 Zentimetern zu bestimmen. Das Programm musste so einfach zu bedienen sein, dass es selbst von einem Standardnutzer verwendet werden kann. „Man muss kein Experte sein, damit einem das gelingt“, sagt der Reichenhaller. Auch in anderer Hinsicht kommt sein System zum Einsatz: bei der Feldbewirtschaftung. So lässt sich über das integrierte Kamerasystem herausfinden, ob landwirtschaftlich genutzte Felder etwa Nährstoff- oder Wassermangel aufweisen. „In Amerika ist das bereits gängige Praxis“, sagt er, in Deutschland gebe es aber noch Nachholbedarf. Mit den fernsteuerbaren Objekten lassen sich nicht nur Firsthöhen errechnen oder Wärmebilder zur Ermittlung von eventuellen Wärmebrücken aus der Höhe darstellen, „es gibt unzählige Alltagsanwendungen, die man damit erledigen kann.“ Giftthaler möchte den zivilen Drohnenbau nun weiter forcieren, tiefer in die Materie einsteigen, die Nähe zu Salzburg sei dazu vorteilhaft. Während der Jahre des Studiums in Salzburg hat er viele Kontakte geknüpft, er hat zu netzwerken begonnen. Mit der Deutschen Bahn hat er einen Kunden gewonnen, er betreut mit seiner Software ein großes Sägewerk und einen Forstbetrieb. In Reichenhall möchte er weiterhin wohnen bleiben, nicht nur wegen seiner Familie, sondern auch „der Landschaft wegen.“ Wegzuziehen kommt für den Entwickler also nicht infrage. Er möchte weitermachen, neue Drohnen entwickeln, Ideen hat er zuhauf.