DEKEMA Freilassing
Teile für Beatmungsgeräte aus dem 3D-Drucker
Seit nahezu 50 Jahren arbeiten Zahnlabore über den ganzen Globus verteilt mit Dental-Keramiköfen des Freilassinger Unternehmens DEKEMA. Ein weltweit gespanntes Händlernetz vertreibt robuste Klassiker als auch modernste High-Tech-Premium-Öfen aus Freilassing. Inhaber und CEO Dr. Stephan Miller reagierte rasch auf die Corona-Pandemie, die sein exportorientiertes Unternehmen ab Anfang April in die Kurzarbeit zwang. Sein neues Geschäftsfeld, die Entwicklung, die Produktion und der Vertrieb von hauseigenen 3D-Druckern für den Dentalbereich ließ sich von einem Tag auf den anderen nicht mehr auf dem internationalen Markt platzieren – die Kunden blieben aus, Importbeschränkungen lassen das Lager anwachsen. Er eröffnete ein verwandtes Geschäftsfeld im medizinischen Bereich und kann nun im 3D-Drucker Teile für Beatmungsgeräte herstellen. Ebenfalls bietet er als Dienstleistung die Produktion von Türgriffen, Atemschutzmasken oder ähnlichen 3D-druckbaren Artikeln an.
Die Idee kam ihm aufgrund eines Zeitungsartikels. Er telefonierte mit einem Geschäftspartner in Südtirol, der für den Katastrophenschutz Beatmungsgeräte-Teile für das Zentralkrankenhaus in Bozen herstelle. Dr. Miller ist promovierter Physiker, arbeitete bereits in verschiedensten Bereichen, zum Beispiel im Maschinenbau, in der Laborautomatisation oder der Vakuumtechnik. 2003 stieg er als CEO bei DEKEMA ein und verschaffte dem Unternehmen mit konsequenter und strikter Digitalisierung einen Technologievorsprung. Bei der Modernisierung konzentrierte er sich auf schnelle Verfahren. Der Erfolg der netzwerkfähigen Touch-Modelle, die Mechanik und präzise digitale Elektronik vereinen, gibt ihm recht.
Mit seinem Fachwissen und seiner Erfahrung im Hintergrund recherchierte Dr. Miller mit Beginn der Coronakrise in Bayern intensiv. „Ich habe vier Tage durchgearbeitet”, beschreibt er im Gespräch bildhaft. Ein Telefongespräch mit dem Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice (BGLW) folgte. Schließlich traf der Unternehmer die Entscheidung, trotz unsicherer allgemeiner wirtschaftlicher Rahmenbedingungen die Investition zu wagen und sich ein neues Feld zu eröffnen.
Kleinstarbeit in höchster Qualität
3D-Druck funktioniert so: Die 3D-Daten (CAD = Computer Aided Design) der Bauteile werden am Computer auf der Druckplattform platziert und vorbereitet. Beim so genannten DLP-Druck – die Abkürzung leitet sich von Digital Light Processing ab – wird ein Kunstharz schichtweise belichtet, es wird von einer monochromen Flächenlichtquelle polymerisiert. Das heißt stark vereinfacht ausgedrückt nichts anderes, als dass das Kunstharz durch gezielte Bestrahlung laut den Konstruktionsdaten des Computers mit einfarbigem Licht fest wird. In dem ganzen Verfahren werden die dreidimensionalen Strukturen schichtweise aus der Flüssigkeit aufgebaut. „Die von DEKEMA verwendeten Komponenten und der hochauflösende Projektor mit der hochpräzisen Mechanik vereinen ein großes Fertigungsvolumen mit hoher Fertigungsgeschwindigkeit bei minimalsten Fertigungstoleranzen”, erklärt Dr. Miller.
Unterstützung für andere Ideen
Exakte und hochqualitative Produkte sind seit jeher seine Profession. Hier geht es um kleinste Einheiten im Millionstel- also Mikrobereich (Bezeichnung der Einheit mit dem griechischen Buchstabe µ, ausgesprochen Mü). Anschaulich wird dies mit Dr. Millers Beschreibung von „unter einer Haaresbreite”. Mit der hauseigenen Drucktechnik können große Flächen bis in 15 Zentimeter Höhe aufgebaut und belichtet werden. DEKEMA bietet nicht nur die Produktion von Bauteilen an, sondern auch fachliche Unterstützung für Kunden, die hochgenaue Spezialteile oder Prototypen selbst produzieren wollen. Das könnte zum Beispiel auch der Plastikstab sein, an dem sich der Wattebausch für den ärztlichen Abstrich befindet, der derzeit bei den Coronatests im Rachenraum und in der Nase vorgenommen wird.
Tanja Weichold