
Hutschn - altes Handwerk neu entdeckt
Alltagsstress? Der wirkt wie weggeblasen, wenn man auf einer handgemachten Hutschn sitzt. Schreinermeister Andreas Baumann aus Bischofswiesen fertigt Holzschaukeln in reiner Handarbeit in der heimischen Werkstatt. Das Wissen, wo das Holz herkommt, spielt für den Bischofswieser die zentrale Rolle. Seine Hutschn stehen für Regionalität und Nachhaltigkeit aus dem Berchtesgadener Land.
Wertvolle Qualität
Die Idee zur Hutschn entstand aus reinem Zufall. Marketingspezialist Andreas Bunsen lernte Andreas Baumann kennen, als dieser die Schreinerarbeiten im Haus seiner Großeltern erledigte. Bei einem gemeinsamen Abendessen sah er die Pumuckl-Schiffsschaukel, die Andreas Baumann für seinen Nachwuchs gebaut hatte. „Wir sind dann ins Gespräch gekommen – Schaukeln verbinden“, sagt Andreas Bunsen mit einem Lächeln. Aus der Idee wurde ein Produkt. Heute sind Andreas Baumann, Andreas Bunsen und sein Partner Matthias die „Hutschnmacher“.
Andreas Bunsen arbeitete selbst lange Jahre mit Firmen in Fernost zusammen. Die Bedingungen, die günstigen Herstellungsprozesse – alles Dinge, die ihn immer störten. „Man kann eine Lederhose aus Hirschleder beim heimischen Lederhosenmacher kaufen oder sich ein günstiges Ziegenmodell aus Pakistan kaufen“, sagt Bunsen. Er macht kein Hehl draus, dass er den heimischen Produkten immer den Vorrang gibt. „Am Ende zahlt sich die Wertarbeit aus.“ Eine Hutschn sei ein Lebensgefühl, gefertigt aus dem ursprünglichsten Produkt – Holz. Kein Leim, keine Zusatzstoffe. Beim Pflegeöl wird auf ökologisch einwandfreies, kalt gepresstes Leinöl gesetzt.
In 15 Arbeitsschritten zum Unikat
Die Hutschnmacher sind davon überzeugt, dass die Hutschn keine gewöhnliche Schaukel ist. Sondern ein Unikat. 15 manuelle Arbeitsschritte in der Holzbearbeitung sind notwendig, damit das Produkt entsteht, das den Alltagsstress vergessen lässt. Jede Schaukel wird aus einem gewachsenen Stück ursprünglichen, massiven Eichenholz gefertigt. Es stammt aus dem bayerischen Raum und ist mindestens zehn Jahre an der frischen Luft getrocknet. „Nur wenn das Holz alle Voraussetzungen erfüllt, ist es gut genug, um daraus eine Hutschn zu fertigen“, sagt der Schreinermeister. Nach dem Anzeichnen werden die etwa zehn Zentimeter dicken Holzbretter zugeschnitten. Das Besondere einer Hutschn ist ihre gebogene Form. Der Grund: „Unser Hinterteil ist einfach nicht gerade, sondern leicht rund“, so Baumann.
Hutschn trägt eine Tonne Gewicht
Auch in Sachen Seil überlässt der Schaukelbauer nichts dem Zufall. Die Hutschn-Seile werden in Handarbeit gespleißt und dauerhaft mit der Schaukel verbunden. „Ein Augspleiß ist nicht nur die stabilste, sondern die ästhetischste Variante, um eine Seilschlaufe herzustellen“, sagt Andreas Bunsen. Es liegt wohl auch daran, dass Andreas Baumann als ehrenamtlich arbeitender Bergretter mit Seilen bestens vertraut ist. Für ihn kommt ein Seil von der Rolle aus dem Baumarkt nicht in Frage. Sicherheit steht für den erfahrenen Bergretter an erster Stelle: In den ersten Arbeitsschritten wird das Seil in seine Einzelteile zerlegt, um es dann in sich wieder als Schlaufe zusammenzuführen. Mit speziellen Werkzeugen wird in mehreren Arbeitsschritten wechselweise der Seilmantel in den Seilkern eingearbeitet. Für die gespleißte Schlaufe braucht der Schaukelmacher rund 1,5 Meter Seil. Auf Genauigkeit kommt es hier besonders an. Am Ende sollen beide Schlaufen der Hutschn gleich groß sein. „Eine Spleißverbindung ist immer echte Handarbeit und kann nicht maschinell hergestellt werden“, sagt Baumann. Ist das sogenannte Seilauge fertig, befindet sich an der Stelle, an der die beiden Seilstränge wieder zusammengeführt werden, das Doppelte an Seilmaterial in einem Mantel. Über zwei Tonnen Belastung halten die Seile aus, und auch die Hutschn selbst hat eine enorme Tragfähigkeit. Das haben die Schaukelbauer in einem Selbstversuch, der als Video im Internet zu finden ist, getestet. Mit einem Stapler belasteten sie das Eichenholz mit einer Tonne Gewicht – erst dann brach die Schaukel.
Schaukeln setzt Glückshormone frei
Bislang ist die Herstellung der Schaukeln, die dem Kunden in aufwendigen, selbst gebauten Verpackungen geliefert werden, nichts weiter als ein Herzensprojekt. Der Preis für eine handgefertigte Hutschn ist stolz: ab 433 Euro ist sie zu haben. „Aber es sind Schaukeln fürs Leben“, betont Andreas Bunsen. Die Erfüllung eines Kindheitstraumes. Ein durchdachtes Objekt, das den Alltag entschleunigt, auf dem man sich wohl fühlt. Davon leben können die drei Geschäftspartner noch nicht. Sie sind aber überzeugt, das Richtige zu tun. Immer wieder erreichen die Hutschnmacher E-Mails von Käufern, die sich bedanken für die Erfahrungen mit der Hutschn. Eine Bereicherung für das Leben sei die Schaukel, schreiben sie. „Schaukeln ist ein weltweites Phänomen“, betont Andreas Bunsen. Schon als Baby werde man in der Wiege geschaukelt und auch bei Erwachsenen setze das Durch-die-Luft-Gleiten Glückshormone frei – insbesondere dann, wenn man wie im Berchtesgadener Land den Blick auf die umliegenden Berge genießen kann.
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