Vom Silicon Valley ins Berchtesgadener Land
Olav Carlsen verhandelte mit Steve Jobs - Jetzt berät er mit der WFG heimische Gründer
Zehn Jahre lang hat Olav Carlsen im Silicon Valley gearbeitet, er hat als Finanzchef „Portal Player“ an die Börse gebracht, mit Apple-Gründer Steve Jobs verhandelt, Tiaxa, ein weltweit agierendes Unternehmen, gegründet. Nun hat sich der gebürtige Hamburger im Berchtesgadener Land niedergelassen. Lars Holstein, bei der Wirtschaftsförderung Berchtesgadener Land (WFG BGL) zuständiger Regionalmanager für den Gründerservice, hat ihn für den Gründer-Erfahrungsaustausch gewonnen, den die WFG BGL regelmäßig veranstaltet. Hier gibt Olav Carlsen Unternehmensgründern wertvolle Tipps weiter, erworben in seinem spannenden Berufsleben.
Das Foto, das Olav Carlsen am New Yorker Times Square zeigt, hat er sich eingerahmt. Er steht da nicht nur, weil er den Times Square schon immer mal besuchen wollte. Vielmehr grinst er von einer jener großformatigen Werbewände, die in bunten Farben leuchten. „Das Bild entstand, als ich Portal Player an die Börse gebracht habe“, sagt Carlsen. Olav Carlsen ist ein groß gewachsener Mann, schwarzer Pulli. Wenn man genau hinhört, kann man in seiner Aussprache einen amerikanischen Einschlag ausmachen. Carlsen hat zehn Jahre lang im Silicon Valley gelebt. Das Silicon Valley ist der bedeutendste Standort der IT- und High-Tech-Industrie weltweit. Es umfasst das Santa Clara Valley und die südliche Hälfte der Halbinsel von San Francisco und reicht von San Mateo bis nach San José. Eine Region, die zahlreiche weltbekannte Unternehmen der High-Tech-Industrie beheimatet. Zu den bekanntesten gehören Apple, Intel, Google, Facebook und Amazon.
Dass Olav Carlsen einmal im Silicon Valley arbeiten würde, stand schon immer ganz weit oben auf seiner persönlichen Liste jener Dinge, die er sich erfüllen wollte. Carlsen hat eine Banklehre gemacht, später Betriebswirtschaftslehre studiert, er hat einen amerikanischen Wirtschaftsprüfertitel, mehrere Jahre als Controller gearbeitet, ehe er abgeworben wurde. „In so einer Branche ist das üblich“, sagt Carlsen, der zunächst für einen führenden Grafikkartenhersteller arbeitete, dann zu Transmeta wechselte, ein Prozessor-Entwickler, der sich später dem Handel von Lizenzen für Technologien, die im Zusammenhang mit den eigenen Prozessoren entwickelt worden waren, beschäftigte. „Meine Aufgabe war es, Geld für Transmeta einzusammeln“, sagt Carlsen, der genau in jener „heißen Phase“ im Silicon Valley arbeitete, die viele Menschen zu reichen Leuten gemacht hat. Als „Bubble-Phase“ bezeichnet Carlsen diese Zeit. Viele Unternehmen entwickelten sich damals, die noch heute führend sind, etliche Firmen verschwanden so schnell wie sie gekommen waren. „Es ging ums große Geld“, sagt Carlsen, der das Silicon Valley als „Schmelztiegel der Nationen“ bezeichnet.
Irgendwann rief Steve Jobs an
Carlsen wurde schließlich von „Portal Player“ abgeworben. „Portal Player“ entwickelt Halbleiter-Chips und deren Firmware. Das Unternehmen hatte zu dieser Zeit jene Technologie im Portfolio, die Apple für den iPod, jenes digitale Audio-Abspielgerät, noch fehlte. „Irgendwann rief dann Steve Jobs an und wollte sich mit uns treffen“, sagt Olav Carlsen, der sich im Laufe der Zeit mehrfach mit dem inzwischen verstorbenen Apple-Mitgründer traf. „Apple war an unserer Technologie interessiert.“ Am Ende schlug der High-Tech-Konzern zu. „Das war natürlich ein riesiger Erfolg“, sagt Carlsen, der Portal Player als Finanzchef (CFO) an die Börse brachte. „Zu dieser Zeit ging der Trend bereits in Richtung mobile Hardware.“
Wenn Carlsen über seine Zeit im Silicon Valley spricht, dann schwingt ein klein wenig Wehmut mit. Natürlich sei dies eine „fantastische Zeit“ gewesen, oft auch eine harte. Die Arbeitstage waren lang, 15 Stunden keine Seltenheit. Vor allem hatte man mit den Besten ihres Fachs zu tun, Entscheidern, Leuten, die mit guten Ideen in kurzer Zeit unvorstellbar viel Geld verdienten. „Wobei das Geld gar keine so große Rolle spielt“, gesteht Carlsen. Denn jeder, der dort lebt, verdient gut. In jenen zehn Jahren die er dort war, schossen die Hauspreise um ein Vierfaches nach oben. „Das ist der normale Wahnsinn“, sagt er. Schließlich sei das aber auch einer der Gründe gewesen, die ihn und seine Familie dazu bewogen, das Silicon Valley wieder zu verlassen. „Nach 20 Jahren des Unterwegs-Seins habe ich wieder Heimweh gekriegt“, sagt Carlsen und lächelt dabei. Und findet dazu passende Worte: „Wenn man oben ankommt auf dem Berg, gibt es keine Alm.“
Berchtesgadener Land: Leute mit Ideen und Kümmerer
Der Finanzexperte orientierte sich erst einmal nach Chile. Dort gab es ein erfolgreiches, von der Regierung unterstütztes Start-up-Programm. „Die nahmen viel Geld in die Hand, um gute Ideen zu unterstützen“, sagt Carlsen. Mit Tiaxa, einer Software-Firme für Mobilfunklösungen, die Minikredite an Prepaid-Kunden vermittelt, hatte Carlsen eine neue Betätigung gefunden, in die er auch investierte. Denn 95 Prozent aller Smartphone-Nutzer seien Prepaid-Kunden, oft haben sie kein Bankkonto, anders als etwa in Deutschland, wo die meisten Smartphone-Besitzer Verträge abgeschlossen haben. 100 Millionen Kunden betreute Tiaxa, der Service war in Südamerika so erfolgreich, dass er nach Südostasien ausgebaut wurde. Carlsen hätte sich weiter einbringen können, „aber man braucht irgendwann mal was Neues.“ Er und seine Familie gingen nach München, besuchten immer wieder das Berchtesgadener Land. Carlsen interessierte sich für die Gegend, baute schließlich in Ainring ein Haus. „Wir haben immer mehr Zeit hier verbracht, mittlerweile ist das Berchtesgadener Land unser Lebensmittelpunkt.“ Dort machte er auch Bekanntschaft mit Lars Holstein von der Wirtschaftsförderung, nahm als Beobachter am Start-up-live-Event am Obersalzberg teil. „Hier gibt es viel Potenzial und gute Ideen, gut vernetzte Leute, die sich um Gründer kümmern“, sagt er. Denn der Gründergedanke, die Förderung junger Unternehmer, ist eine Herausforderung für die Regionen abseits der großen Zentren. „Leute, die gründen wollen, gehen sofort nach München oder Berlin.“ Das Ziel lautet, diese im Landkreis zu halten.
Region mit Innovationspotential
Natürlich erfordere das ein gutes und unterstützendes Umfeld. Genug Wohnraum, ein entsprechendes Arbeitsumfeld. „Viele Punkte an denen gearbeitet wird“, sagt Carlsen, der in der Region großes Innovationspotenzial erkennt. „Ich möchte mit Rat und Tat bereitstehen“, so Carlsen, der bereits mit dem einen oder anderen Start-up aus der Region zusammenarbeitet, in beratender Form. „Wichtig ist, dass junge Unternehmer wissen, welche Möglichkeiten sie haben“, sagt er. Priorität sollte daher haben, die jungen Leute zu halten. Dafür brauche es Geld, Geld, das oft noch fehlt. „Wir benötigen regionales Risikokapital.“ Eine Durchfinanzierung für gute Ideen von Anfang bis Ende. Irgendwann soll das auch im Berchtesgadener Land möglich sein. Diesen „Luxusgedanken“ leistet sich Olav Carlsen.