Beim Traditionsunternehmen Paul Reber in Bad Reichenhall ticken die Uhren anders
Ein Besuch in der Produktionsstätte in Marzoll eine Offenbarung. Hier werden meisterliche Confiserie-Spezialitäten produziert. Das Streben nach höchster Qualität und Liebe zum Detail wird in Perfektion umgesetzt. Dutzende Mitarbeiter sorgen dafür, dass nicht nur Schokoladeneier und Osterhasen, sondern auch bis zu 500000 Mozart-Kugeln Tag für Tag den Weg in die weite Welt antreten.

Wolfgang Amadeus Mozart als Vorbild
„Uns geht es um den besten Geschmack“, sagt Geschäftsführer Bernhard Pfaff, während er in seinem weitläufigen Büro mit dem roten Vorhang die Sortimentslinien des familiär geführten Unternehmens vorstellt. „Tradition“ muss man in dem Reichenhaller Unternehmen, das mittlerweile seit über 150 Jahren existiert, wörtlich nehmen. Die Rezeptur der echten Reber Mozart-Kugel ist von Anbeginn unverändert. „Das muss auch so bleiben“, sagt Bernhard Pfaff, während er mit zufriedenem Blick die neu eingeführten Produkte betrachtet. Seit 1938 ist das Familienunternehmen in Reichenhall fest verankert. „Wir stehen für Genuss“, sagt er. Genussmensch ist auch Wolfgang Amadeus Mozart gewesen, ein Musikgenie, den es mehrfach in die Kurstadt führte. „Er war den süßen Köstlichkeiten des Lebens zugetan“, sagt Pfaff und lächelt. Reber ist für ihn mehr als eine bloße Arbeit, eher eine Leidenschaft. Ein Versprechen darauf, die Familientradition zu wahren. Das beginnt bei der dominierenden Farbe Rot, die sich wie ein „roter“ Faden durch die Räume zieht und setzt sich fort im Qualitätsversprechen, auf das man große Stücke setzt. Die Zutaten der Produkte sind klar festgelegt, die Rezepturen unveränderlich. So, wie der doppelte Schokoladenüberzug der Mozartkugel die Aromen wie in einem Tresor eingeschlossen halten soll, achtet man im Unternehmen darauf, die Rezepte wie den eigenen Augapfel zu hüten. Wo die Konkurrenz oftmals auf das günstige Palmfett setzt oder Pflanzenfette verwendet, besinnt man sich bei Reber auf frische Butter und Kakaobutter. „Wir legen Wert auf Natürlichkeit, Frische und Geschmack“, so der Geschäftsführer, dessen Ausführungen schon nach kurzer Zeit verdeutlichen: Bei Reber geht man einen ganz eigenen Weg. Eine Marke, sagt Pfaff, sei wie ein Lebewesen: „Es wird behütet und beschützt, ausgebildet und erzogen und dann darf es raus in die große, weite Welt.“
Spezielles Produktionsverfahren für knackige Schokolade
Ortswechsel: Gewaltig sind die Edelstahl-Behälter, große Tanks, die in der Produktionsstätte in Marzoll zu finden sind und in denen die helle und die dunkle Schokolade ruhen. Ein großes Tor öffnet sich, ein Lkw rollt an mit einer Lieferung. Wer der Produktion einen Besuch abstattet, wird erst einmal eingewiesen. Neben besonderer Kleidung, erhält man ein Haarnetz und einen Bartschutz. „Wir arbeiten hier mit Lebensmitteln, die Richtlinien sind streng“, sagt Bernhard Pfaff, der seit mehreren Jahren die Geschäftsführung inne hat und durch die Halle führt. Er atmet tief ein. Schokolade liegt in der Luft. Das Sortiment von Reber umfasst rund 80 Basis-Artikel, von der Reber Mozart-Kugel über Pasteten-Pralinés bis hin zum Nougat-Waffel-Törtchen. Schokoeier und Osterhasen sind da noch nicht mitgezählt. „Knack muss es machen“, sagt Bernhard Pfaff mit Blick auf die Mozart-Kugeln und deren spezielles Produktionsverfahren. Von Anbeginn im Jahr 1865 setzt der Süßwarenspezialist Reber auf echtes Confiserie-Handwerk. Es werden ausschließlich hochwertigste und natürliche Zutaten verwendet. Der UTZ-zertifizierte Kakao stammt aus nachhaltigem Anbau. Geschmacksverstärker gibt es keine, keine Farbstoffe, keine Aromen, Konservierungsstoffe natürlich auch nicht. So weit es möglich ist, sucht man die Nähe zu regionalen Partnern. So bezieht Reber etwa die Milch aus Piding: Viele Zutaten wie die frische Alpensahne, Honig, cremiger Bergbauernjoghurt und die deutsche Markenbutter stammen aus der Umgebung.Um die Frische aller Confiserien zu gewährleisten, werden sie bedarfs- und zielgerecht produziert. Regelmäßige Qualitätskontrollen vom Rohstoff bis zum Endprodukt sind Standard. „Unsere Philosophie heißt Natürlichkeit von höchster Qualität und Liebe zum Detail“, sagt Pfaff. „Das differenziert uns klar vom Wettbewerb.“ Seine Ausführungen schmückt der Geschäfsführer häufig mit Bildern. Das Ziel sei am Ende, durch das „Komponieren der Rohstoffe“ eine ganz besondere „Geschmacksexplosion“ zu erschaffen.
Alle Maschinen, die in der Produktion zu finden sind, sind Sonderanfertigungen, die an die Rezepturen der Confiserien angepasst und speziell für den heimischen Standort produziert wurden. Jedes Jahr werden in Marzoll über 1000 Tonnen Schokolade verarbeitet. Die hauseigenen Confiseure setzen auf drei Hauptzutaten: Edel-Marzipan, „hergestellt nach dem Lübecker Traditionsverfahren mit einem Mandelanteil von 36 Prozent in der Praline“, sagt Pfaff. Darüber hinaus Nougat aus Levantiner Haselnüssen von der Schwarzmeerküste und Schokolade, die aus nachhaltig erzeugten Kakaobohnen besteht und nach eigener Rezeptur erstellt wird.
Immer eine Saison voraus
Und während an diesem Tag spätnachmittags die letzten Mozart-Kugeln vom Band laufen, sich bereits Stapel mit Kisten voller Kugeln wie eine gewaltige Bergwand in den Hallenhimmel türmen, geht es ein paar Meter nebenan, in der Tausende Quadratmeter großen Halle, munter weiter mit der Produktion der Oster-Waren. Ein Mitarbeiter belegt ein Förderband mit Plastikschalen samt tiefer Kuhlen in Eierform. Heute werden Whisky-Bourbon-Trüffel-Eier produziert. Bei Reber hat man sich die speziellen Anlagen mit den vielen Förderbändern, den mächtigen Kühltürmen und den Verpackungsmaschinen viel Geld kosten lassen. Das Ostergeschäft sei ein wichtiges, sagt Bernhard Pfaff. Bis spät abends wird derzeit produziert, mehrere Schichten am Tag, Tausende Eier, die ihren Weg in die hübschen Verpackungen finden. Über ein kleines Einfüll-Löchlein in den Formen wird die Vollmilchschokolade zur Hälfte in den Hohlkörper gespritzt. Die Formen landen in einer besonderen Maschine, die diese dreht und schwenkt und somit die Schokolade gleichmäßig verteilt. Über einen Kühlturm geht es weiter zur nächsten Station, an der das Herz des Whisky-Borbon-Trüffel-Eis in das Innere gefüllt wird. In einem Ofen wird die Schokolade leicht angeschmolzen. Ein kleiner Schokoladentropfen wird gezielt auf die Öffnung gesetzt, um diese zu verschließen. Nochmals durchläuft das Schoko-Ei einen Kühlprozess. Mehrere Mitarbeiterinnen kontrollieren jedes einzelne, hin und wieder muss aussortiert werden, wenn etwa der Propfen nicht dicht ist. Über eine vollautomatische Beförderungslinie erhalten die Eier ihre Verpackung, eine hübsche Folie, Dreheinschlag genannt. „Die Optik ist uns besonders wichtig“, sagt Bernhard Pfaff. Vergleichbar mit einem Bonbon wird das Ei in Plastik eingedreht und landet in großen Kartons, die ins Zwischenlager kommen, von wo sie über eine Verteilstation den Weg in die Läden der Bundesrepublik finden. Aber nicht nur hier. Reber agiert mittlerweile in 56 Ländern weltweit.
Geschäftsführer Bernhard Pfaff nimmt sich ein Whisky-Bourbon-Trüffel-Ei aus dem Karton, „schaut schön aus“, sagt er. Dann öffnet er die Verpackung. Ein Biss, es knackt. „Mmmmhhh.“ Pfaff lächelt. „Der Mensch lebt von Emotionen.“