Regional und digital
In der Laufener Metzgerei Sichert wird alte Handwerkskunst neu interpretiert
„Du musst neue Wege gehen und als Metzger deine Nische finden”, erklärt Christian Sichert. „Traditionell arbeiten und modern vermarkten.“ Christian Sichert führt den 1881 gegründeten Familienbetrieb mitten in Laufens geschichtsatmender Altstadt in vierter Generation und verarbeitet ausschließlich Fleisch von Bauern aus Laufen und Kirchanschöring. Geschlachtet wird auf kurzem Weg im Schlachthaus, das die Stadt verwaltet. „Der Name Sichert steht für Qualität und Regionalität, ist eine Kombination aus Tradition und Moderne”, betont der Metzgermeister. Das zeigt sich schon in der Ausstattung der Laufener Metzgerei. Mit Hilfe des Digitalbonus Bayern führte Sichert ein neues Warenwirtschaftssystem im Wert von 20.000 Euro ein. Alle geschäftsinternen Prozesse vom Einkauf bis zum Verkauf mit der neuen digitalen Waage sind darin integriert. Der BGLW Innovations- und Förderlotse Lars Holstein unterstützte ihn beim Antragstellen. „Völlig unkompliziert“ habe Holstein geholfen, zwei Tage lang den kniffligen 35-seitigen Förderantrag auszufüllen. „Dafür bin ich dankbar“, betont der Metzgermeister. Er weiß, wer heute nicht digital unterwegs ist, wird abgehängt.
Vom Lehrling zum Unternehmer
Seine Arbeit ist ihm Beruf und Berufung, schon als Fünfjähriger tobte Christian durch die Metzgerei und half den Eltern mit ersten Handgriffen. Während der größere Bruder Physik studierte und erfolgreich in München ein Start-up-Unternehmen gründete, machte Christian Sichert sein eigenes Ding, ging bei der Metzgerei Spitzauer in Leobendorf in die Lehre und arbeitete nach der Gesellenzeit als Praktikant in der Meisterschule in Augsburg. Im dritten Jahr legte er selbst erfolgreich die Meisterprüfung ab und erhielt für seinen Notenschnitt von 1,25 den Staatsehrenpreis. Dem folgte die Zusatzausbildung zum Betriebswirt im Handwerk. Seit mehr als zehn Jahren ist Christian Sichert nun schon als Produktionsleiter im Familienbetrieb daheim, die Eltern ließen ihm stets freie Hand. Über Jahre hinweg unterstützte er den Bayerischen Fleischerverband bei der Internationalen Handwerksmesse in München, zuletzt als Kuttermeister. 2019 übernahm der jüngste Familienspross mit Ehefrau Monika das Unternehmen, sie hält ihm im Laden und im Büro den Rücken frei. So kann er sich ganz seinem Handwerk widmen und hingeben. Und das tut er.
Heimat verpflichtet zum verantwortungsvollen Wirtschaften
Eine seiner Spezialitäten ist der Salzachschinken. Das Rezept entwickelte er aus alt überliefertem Wissen und verfeinerte es. „Rohschinken zu machen hat viel mit Gefühl zu tun”, erklärt Christian Sichert. Es geht um die richtige Salzmischung, um Gewürze, Lagerung und Reifeprozess. „Rohschinken ist Slow Food, man muss ihm Zeit geben, damit er sein Aroma bildet.” Er massiert das Salz in die Schweinekeule ein, muss den Zeitpunkt zum Wenden erkennen, ebenso zum Räuchern und Trocknen. Beim Reifen müssen Temperatur und Luftzug stimmen. „Das ist das Schöne an unserem Beruf. Du kannst an verschiedenen Stellschrauben drehen, die Rezepturen immer weiter abstimmen und verfeinern.” Neu ist die „Faire Wurst” aus heimischem Rindfleisch mit Gewürzen vom Eine-Welt-Laden und im Schafsaitling. Von der Stadt Laufen stammt die Idee zur „Laufener Braukugel” mit Bier aus der Laufener Braukuchl. Alle drei örtlichen Metzger - also Braunsperger, Sichert und Wittscheck – entwickelten das Rezept für die haltbare Wurst unter Federführung der Stadt. Sie sei „sehr rindfleischbetont” und einer Kochsalami ähnlich. Besucher und Touristen sollen sie bequem als Gruß aus der Stadt Laufen in alle Welt mitnehmen können. Beim Biosphärentag „Abtsdorfer Seeroas” Anfang Juli 2018 stellten die Metzger die Laufener Braukugel erstmals vor, sie erfreut sich laut Christian Sichert großer Beliebtheit und ist in jedem Geschenkkorb der Stadt Laufen und des Eine-Welt-Ladens zu finden.
Nachhaltige Philosophie für den ganzen Betrieb
„Für mich ist das was ich tue, Kunst – richtige Handwerkskunst”, beschreibt Metzgermeister Christian Sichert. Seine Wurst genießt der 35-Jährige am liebsten mit seiner Frau Monika zur Brotzeit nach bewältigtem Aufstieg auf einem Berggipfel, mit freiem Kopf und inspirierendem Blick von oben auf das Berchtesgadener Land. „Wir leben in einer gesegneten Gegend”, sagt er. Die Ruhe ist es, die sie auf dem Berg nach getaner Arbeit lieben. Außerdem kommt Christian Sichert oft mit Bergbauern ins Fachsimpeln, sie tauschen ihre Tricks vom Räuchern und Selchen aus. „Menschen finden es schön, wenn sie Kühe auf der Weide sehen. Ihnen ist aber oft nicht bewusst: wenn der Metzger vor Ort ausstirbt, schadet das dem Landwirt auch.“ Sich diesen heimischen Kreislauf bewusst zu machen, ist Christian Sichert ein Anliegen, das sich in seinem Sortiment aus regionalen Waren spiegelt. Er fühlt sich der Heimat verbunden und verpflichtet. Als Teilnehmer im Netzwerk „Verantwortungsvoll Wirtschaften“ der Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice GmbH (BGLW) findet er die ausschlaggebenden Themen wieder: Produkte regional und fair herstellen, auf die Umwelt achten, für das Wohlbefinden der Mitarbeiter sorgen und eine nachhaltige Philosophie über den gesamten Betrieb verfolgen.
Tanja Weichold