Mit 19 Jahren Mut zur Investition bewiesen
Olya Linnberg besitzt heute mehrere Hotels - Förderlotse der Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice GmbH an ihrer Seite
- Mut als Erfolgsfaktor
- Jeder erwirtschaftete Cent geht in die Modernisierung
- Sparkasse und Wirtschaftsservice wichtige Partner
Den Mutigen gehört die Welt. So wie Olya Linnberg. Sie machte „ihr eigenes Ding“ im Berchtesgadener Land. Mit 19 Jahren kaufte die studierte Bankerin aus Moskau ihr erstes Hotel in Bischofswiesen und gründete die Discovertime GmbH. Heute, zehn Jahre später, besitzt sie zwei Hotels, eine Pension und mehrere kleine Häuser. Ihre Leidenschaft: „Bruchbuden kaufen, sie umbauen und den Erfolg erleben.”
„Die Leute haben zuerst geglaubt ich bin eine reiche Russin”, erinnert sich Olya Linnberg amüsiert. „Aber das stimmt nicht.” Ihre Geschäftsphilosophie: Ehrlich handeln und jeden Cent den sie erwirtschaftet wieder in ihre Betriebe stecken. Auf ihr Wort ist Verlass, sie will jeden Tag einen Schritt nach vorne machen und arbeitet unermüdlich, ist top gekleidet und sich dennoch für keine Arbeit zu schade. Sie schaufelt madigen Müll von einer Tonne in die andere, weil diese wegen einer Panne nicht geleert wurde, sitzt an der Rezeption, hat für jeden Kunden ein zuvorkommendes Lächeln auf den Lippen und bei Anliegen eine Lösung parat, zückt das Telefon, um einen Inhaber anzurufen, weil ihre Gäste ein E-Bike ausleihen wollen und der Betrieb um diese Uhrzeit noch nicht geöffnet hat. Gleichzeitig ist die junge Unternehmerin Chefin von 20 Angestellten, bildet aus und ist 2. stellvertretende Kreisvorsitzende beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Und sie ist im Gespräch voll da, selbst wenn sie zwischendurch wieder zu ihren Gästen an die Rezeption geht und ihnen die volle Aufmerksamkeit schenkt.
Hotel Brennerbascht in Bischofswiesen: Liebe auf den ersten Blick
Beim Kauf ihres ersten Hotels vor zehn Jahren griffen ihr die Eltern mit der Hälfte des Kaufpreises als Startkapital unter die Arme, den Rest lieh sie sich von der Bank. Es war das Hotel Brennerbascht in Bischofswiesen. „Ich habe sofort gewusst, hier will ich bleiben”, erinnert sie sich, als sie das Haus das erste Mal betrat. Die junge Frau war damals im Auftrag eines Moskauer Bankkunden in Deutschland unterwegs, der Geld in Immobilien investieren wollte. Olya Linnberg kaufte das insolvente, deutlich in die Jahre gekommene Brennerbascht selbst – 19 Jahre jung, Einzelkämpferin aus einem fremden Land, die besorgten Eltern skeptisch, aber mit einem festen Willen und einer Vision im Kopf.
„Am Anfang war es sehr hart”, erinnert sie sich. Statt mit Zahlen zu jonglieren, putzte sie nun Zimmer, stand in der Küche, servierte Gästen Bier und Schweinebraten. Sie kannte anfangs niemand, erntete manch schrägen Blick. Woher sie ihren Mut nahm? „Der Preis war fair, die Eltern haben geholfen und: „In diesem Alter hast du noch nichts zu verlieren.” Das Brennerbascht war in veraltetem Zustand, Olya Linnberg musste die Zimmer billig vergeben und konnte sie kaum noch verkaufen. Sie ließ von einem Handwerksbetrieb die erste Etage sanieren. Ohne Geld, aber mit dem Versprechen zu zahlen, sobald die Gäste kämen. Sie hielt Wort.
Nicht jammern, sondern handeln und überleben
Die weitere Sanierung folgte. Parallel machte sie in Salzburg ihren Master of Business in General Management. Sie schlief nur stundenweise, aber eines war für sie immer klar: „Aufgeben gibt‘s nicht, das hätte mein Stolz nicht zugelassen.” In der russischen Mentalität gebe es kein Jammern. „Entweder du machst was und überlebst oder du lässt es bleiben.” Die deutsche Sprache und Lebensweise war ihr von ihren regelmäßigen Aufenthalten vom Kindesalter an vertraut. Und die Bürokratie? „Nach Russland ist das überhaupt kein Problem”, sagt sie dazu. „Wenn du in Deutschland alles korrekt machst, steht dir nichts im Weg.” Genau das möge sie so an Deutschland. „Wenn du alles erfüllst was du machen sollst, kannst du dich darauf verlassen. Der Rest ist Schicksal.”
Nach zwei Jahren spülte ihr der Zufall das nächste Projekt vor die Füße. Linnberg erfuhr vom Hotel AlpinaRos Demming in Berchtesgaden, die Besitzer wollten so rasch wie möglich verkaufen. Wieder griff sie zu. Nun war sie in der Situation, nicht mehr alles persönlich unter Kontrolle haben zu können, sie konnte schließlich nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. „Da ging am Anfang einiges schief”, erinnert sich Olya Linnberg. „Es war ein Kampf, das Haus war renovierungsbedürftig, den ganzen Tag hörte ich Beschwerden.” Also sanierte sie wieder. „Ich habe mit jedem Cent jongliert.”
Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice GmbH vermittelt staatliche Unterstützung
Von Anfang an sei ihr die Sparkasse Berchtesgadener Land als Finanzpartner zur Seite gestanden und habe ihr den Erfolg ermöglicht, betont Linnberg. Dazu kam ein weiterer wichtiger Partner. Olya Linnberg lernte die Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice GmbH kennen, Förderlotse Lars Holstein zeigte ihr Perspektiven zu staatlichen Unterstützungen auf. Er informierte sie umfangreich zur Regionalförderung Bayern und über den DigitalBonus Bayern. Beide Anträge auf Förderung waren erfolgreich. „Lars Holstein war sehr hilfsbereit und hat mich sehr gut unterstützt. Ich bin die Ideengeberin und er zeigt mir die Grenzen auf. Das ist eine gute Synergie.” Mit dem Glück der Tüchtigen bekam sie kurzfristig die Chance, noch ins Förderprogramm für 2019 nachzurücken, Olya Linnberg arbeitete fieberhaft die ganze Nacht, um der Regierung von Oberbayern rechtzeitig alle geforderten Unterlagen vorzulegen.
Mit diesem Rückenwind ging Olya Linnberg 2020 voller Energie an ihr nächstes Projekt und sanierte ihre neueste Immobilie, die Pension Salzberg in Berchtesgaden. Zu den ersten Gästen im ausgebuchten Haus beim Start zählte ein Filmteam der Fernsehserie „Watzmann ermittelt”. Die Coronakrise hatte Olya Linnberg für die Fassadenrenovierung des Brennerbaschst genutzt und sie beherbergte Geschäftsreisende. Sie verfügt in allen drei Häusern aktuell über knapp 100 Zimmer, weitere kleinere Häuser und Projekte warten bereits im Hintergrund. „Ich muss immer etwas Neues machen”, so die heute 30-jährige Unternehmerin, die jede Menge Visionen für die Zukunft im Kopf hat. Jungen Menschen die überlegen, sich selbstständig zu machen, empfiehlt sie: „Nicht schlafen und versuchen, das eigene Potential herauszuholen.” Für sie selbst standen nie die materiellen Ziele ganz oben, sondern ihr machte stets Spaß was sie tat. „Du darfst nie stehenbleiben, ich lerne jeden Tag.”
(24.11.2020)