Mehr Teilhabe für behinderte Menschen
Beim Innovationslabor entstand eine Freizeit-App für die Lebenshilfe
Digitalisierung kann nicht nur für Unternehmen eine Herausforderung sein, sondern auch für Organisationen wie die Lebenshilfe Berchtesgadener Land. Deshalb hat der gemeinnützige Verein im vergangenen Semester mit einem Projekt am Innovationslabor der TH Rosenheim teilgenommen, das vom BGLW-Digitalisierungslotsen Cornelius Roth initiiert wurde – und das mit großem Erfolg. Einrichtungsleiterin Andrea Inneberger berichtet im Interview, wie die Zusammenarbeit mit den Studentinnen und Studenten geklappt hat und weshalb das Projekt jetzt schon in die zweite Runde geht.
Wie ist die Zusammenarbeit mit der Hochschule zustande gekommen?
Andrea Inneberger: Digitalisierung ist auch für behinderte Menschen ein wichtiges Thema. Viele von ihnen haben z.B. Spaß daran, selbst digitale Fotos zu machen und anzuschauen oder über den Touchscreen zu wischen und Bilder zu vergrößern. Außerdem sollen sie Anschluss an das „normale“ Leben haben und sich zum Beispiel über Freizeitangebote in der Region frei informieren können, ohne von anderen abhängig zu sein.
Bei einem Treffen mit der TH Rosenheim entstand schließlich die Idee, eine spezielle App zu entwickeln, auf die unsere behinderten Menschen mit einem Smartphone oder Tablet zugreifen können. Und tatsächlich haben sich sofort vier Studenten gemeldet, die das Projekt gerne im Rahmen des Ideenlabors bearbeiten wollten.
Wie lief die Umsetzung des Projekts?
Die Studenten sind zu uns gekommen, haben die Häuser und die Menschen kennengelernt und gemeinsam mit uns erarbeitet, wie die App möglichst barrierearm gestaltet werden kann – beispielsweise durch eine leichte Sprache, verständliche Symbole, eine einfache Navigation oder auch eine Vorlesefunktion. Außerdem haben sie sich um die Kooperationen mit den Landkreisen gekümmert, um eine Verknüpfung mit deren Veranstaltungskalendern zu schaffen.
Die Studenten haben sich sehr viel Zeit genommen, sich in unseren Einrichtungen zum Beispiel auch mit taubstummen Menschen unterhalten, um herauszufinden, worauf es bei der App ankommt. Und auch unsere Bewohner waren sehr offen, und haben erzählt, was ihnen wichtig ist und was sie sich wünschen; es war also für alle ein sehr positives Projekt.
Inzwischen ist die App in der Theorie fertig entwickelt, wir haben das W-Lan in unserem Häusern ausgebaut und spezielle Tablets und Smartphones angeschafft, die für den Schwerbehindertenbereich ausgelegt sind. Im zweiten Praxissemester geht es nun um die Umsetzung; bis Ende Juli soll die App auf den Geräten installiert sein und von unseren Bewohnern genutzt werden können.
Können Sie das Innovationslabor weiterempfehlen?
Auf jeden Fall. Ohne das Innovationslabor und die Unterstützung des Digitalisierungslotsen Cornelius Roth wäre unser Projekt nie zustande gekommen: Die Studenten haben sich für uns sehr viel überlegt und sich viel Zeit genommen; das wäre für uns als gemeinnützige Organisation sonst nicht finanzierbar gewesen.
Außerdem kann ich nur empfehlen, mit anderen zusammenzuarbeiten, die als Außenstehende einen ganz neuen Blick auf das Thema haben. Wir hatten beispielsweise einen gemeinsamen Termin zusammen mit dem Oberteisendorfer Mittelständler MAFO, bei dem wir unser Projekt vorgestellt haben; dabei sind tolle Ideen entstanden, wie man Firmen und Gemeinden mit einbinden oder die App z.B. für Altenheime ausbauen könnte. Wenn die App gut funktioniert, könnte das Projekt durchaus noch weiter wachsen.
(26.04.2022)